Wir sprachen mit Prof. Macher über Bergsicherheit

Seit Jahren begeisterter Bergsteiger, 1. Vorsitzender des Österreichischen Alpenverein (ÖAV) und wir sprachen mit ihm zum Thema Sicherheit in den Bergen.

BLL: Herr Prof. Macher erst jüngst sind wieder zwei Bergsteiger in den Wiener Hausbergen abgestürzt. Worauf führen Sie das zurück, hängt das mit der Zunahme an Bergsteigern allgemein oder auch mit falscher oder mangelnder Ausrüstung und Kondition zusammen?

Prof. Macher: Auch wenn jeder einzelne tödliche Unfall ein schreckliches Ereignis ist, zeigt sich, dass bei steigender Anzahl bergsteigerischer Betätigung unterschiedlicher Spielarten die Unfallzahlen seit einigen Jahren (nach Normalisierung statistischer Ausreißer) stabil sind.

BLL: Wie schaut es tatsächlich mit den Zahlen und Daten bei Unfällen aus? Sie als Vorsitzender des Alpenvereins Austria und jahrzehntelanger Funktionär in bundesweiten Alpinanliegen kennen ja vermutlich alle Zahlen und Daten in Zusammenhang mit Bergunfällen.

Prof. Macher: Das österreichische Kuratorium für alpine Sicherheit dokumentiert sorgfältig alle Alpinunfälle und publiziert diese in ihren Jahresberichten. Diese bestätigen die oben geäußerte Einschätzung.

BLL: Gibt es bei den Bergunfällen mehr Unfälle bei Jüngeren oder mehr bei Älteren? Wie sieht es beim Ausrüstungsniveau, Kondition und Erfahrung bei jungen und älteren Bergsteigern aus?

Prof. Macher: Relativ bezogen auf die Anzahl der Aktiven gibt es keine signifikanten Unterschiede bei Jüngeren und Älteren, dazu müsste man genauer in die Altersklassen einsteigen. Beim Ausrüstungsniveau gibt es eine deutliche Abnahme von Unfällen, die sogenannte „Halbschuhtouristen“ erleiden. Im Gegenteil ist zu registrieren, dass Unfälle trotz ausgezeichneter moderner Ausrüstung passieren. Dies unterstreicht, dass Sicherheit nicht „im Sportgeschäft gekauft“ werden kann, sondern in den subjektiven Voraussetzungen (Erfahrung, Trainingszustand etc.) begründet ist. Ein ganz wesentlicher Anteil der Alpinunfälle entsteht durch Herz-Kreislauf-Problem, die wiederum auf die allgemeine Fitness und Kondition zurückzuführen sind.

BLL: Was kann der ÖAV beitragen um unsere Berge sicher zu machen und was kann und sollte jeder einzelne Wanderer und Bergsteiger machen?

Prof. Macher: Der ÖAV trägt durch seine Ausbildungstätigkeit und die Durchführung von Gemeinschaftsfahrten weit überproportional dazu bei, Menschen in die Berge und gesund wieder nach Hause zu bringen. Der einzelne Wanderer und Bergsteiger sollte die wirkliche Kernursache von Unfällen, nämlich Selbstüberschätzung, im Auge behalten und sich im Sinne einer „alpinen Risikokultur“ und nach dem Prinzip einer Eigenverantwortung orientieren.

BLL: In den letzten Jahren hat sich ein Trend zu Klettersteigen entwickelt, begrüßen Sie diesen Trend oder ist dies nur ein Trend der dem schnelllebigen Zeitgeist entspricht? Heute denkt jeder junge Mensch, Grenzen gibt es doch keine für mich, warum soll das in den Bergen anders sein, egal beim Skifahren oder Snowboarden oder beim Bergsteigen.

Prof. Macher: Das Klettersteiggehen hat sich zu einer eigenständigen alpinistischen Disziplin entwickelt, bei der Bergsteiger, die sich den Voraussetzungen und Trainingsnotwendigkeiten des Freikletterns nicht unterziehen möchten, eine wunderschöne Betätigung finden. Allerdings sind auch beim Begehen einer „via ferrata“ technische, ausrüstungsmäßige und Erfahrungswerte Voraussetzung für genussvolle und sichere Begehungen.

BLL: Wie schaut es Versicherungstechnisch aus, wenn einem in den Bergen etwas passiert? Ist man mit der staatlichen Unfallversicherung ausreichend abgesichert oder muss man zusätzlich vorsorgen? Wenn ich an Rettungseinsätze bis hin zur Hubschrauberbergung denken.

Prof. Macher: Eine Mitgliedschaft beim Alpenverein bietet die wirtschaftlich und vom Versicherungsschutz her optimale Voraussetzung „falls doch etwas passiert“.

BLL: Sie sind schon seit vielen Jahren begeisterter Berggeher und zählen zu den Erfahrenen. Was war ihre schönste Bergtour und was war ihre „gefährlichste“ Bergtour? Und warum?

Prof. Macher: In meinem Tourenbuch verzeichne ich aus rund 40 Jahren Alpinismus an die 1800 Bergtouren, viele davon auch im extremen Bereich. Einzelne besonders hervorzuheben spiegelt diesen Erfahrungsschatz nur ungenügend wieder. Eine meiner schönster Eistouren war die Königsspitze-Nordwand, zu Zeiten, als die „Gipfelschaumrolle“ noch nicht dem Klimawandel zum Opfer gefallen war. Meine von der Gesamtschwierigkeit herausforderndste Felstour war die Fuori-Kante im Bergell. Als Vorsteigender bin ich bei all diesen Touren kein einziges Mal gestürzt. Bei der Begehung der schwersten kombinierten Glockner-Nordwand-Route ist allerdings mein Partner fast 80 Meter gestürzt, dies war wohl das dramatischste Ereignis in meinem Bergsteigerleben.

BLL: Wenn – wie wir alle – älter werden, wie verhält es sich dabei mit dem Bergsteigen im Alter. Gibt es da Grenzen oder kann man diese alterbedingten Grenzen hinausschieben? Und ist dies ratsam? Was raten Sie und wie kann und soll man sich „fit“ halten im Alter?

Prof. Macher: Viele meine Bergfreunde und Bergkameraden klettern noch in ihren 70ern in den oberen Schwierigkeitsgraden. Ich hoffe, dass auch ich noch so manches Jahrzehnt in den Bergen aktiv bleiben kann.

Vielen Dank für das angenehme Gespräch!

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